Im Teeweg verbindet sich der Geist des Zen-Buddhismus („Tee und Zen sind ein einziger Geschmack“: cha zen ichimi) mit einer von konfuzianischer Ethik geprägten Gastfreundschaft und hochentwickeltem Kunstverstand.
Die Regeln des Teeweges, die zunächst nur das Verhalten in und um das Teehaus sowie die korrekte und harmonisch-fließende Durchführung der rituellen Teezubereitung und das Reglement für das Teetrinken der Gäste betreffen, sollen auf das gesamte Alltagsverhalten seiner Anhänger ausstrahlen, so dass aus dem Praktizierenden im Laufe seiner jahre- und jahrzehntelangen Übung ein „Teemensch“ (chajin) wird, der es gelernt hat, sich selbst zurückzunehmen, das Wohl der anderen zu fördern, seinen Mitmenschen mit Respekt und Achtsamkeit zu begegnen, und der sich in seiner eigenen Lebensführung der Schlichtheit und Genügsamkeit verschrieben hat.
Mit diesen vier Leitbegriffen hat Sen no Rikyû für den Teeweg einen sehr hohen Anspruch geltend gemacht. Was auf diese Weise angestrebt wird, ist aber kein Ziel, das es in bewusster Bemühung zu erreichen gilt. Ein Ziel in diesem Sinne kennt der Teeweg nicht: Man bereitet lediglich Tee, den die Gäste trinken - sonst nichts! Aber gerade darin liegt auch die Möglichkeit, diese Kunstform als einen WEG zu beschreiten. Denn dort, wo man aufhört, sich bewusst Ziele zu setzten und alle Kraft darauf zu verwenden, das Ziel auch tatsächlich zu erreichen, wo man sich stattdessen ganz einfach dem scheinbar sinnlosen und doch kunstvollen Ablauf überlässt, bahnt sich eine Transformation des Ausübenden an, die ihn zu größerer Gelassenheit und Freiheit führt, auch außerhalb des Teehauses.
Für denjenigen, der sich auf den Weg des Tees begibt, gehen dem viele Jahre des Übens voraus, in denen er nicht nur die Regeln für eine formale Durchführung der vielen unterschiedlichen Zeremonien lernt, sondern auch jeden einzelnen Handgriff bis ins kleinste Detail immer und immer wieder einübt. Letztendlich gilt es dabei, sich so sehr in das eigene Tun zu versenken, dass keine störenden Gedanken mehr auftauchen. Die Frage: „Was kommt denn jetzt als nächstes?“ stellt sich dann nicht mehr. Ohne jedes Nachdenken darüber weiß man ganz von selbst, welche Bewegung als nächstes folgt. Der Teeweg ist daher ein Weg, den man vor allem mit dem Körper beschreitet.
Besonders charakteristisch für den Teeweg ist das dichte Geflecht aus Regeln, die der Ausübende zu befolgen hat. Wer sich jedoch eingeengt fühlt, wenn er dem Ritual folgt, der beherrscht es noch nicht richtig. Erst dann, wenn man alle Regeln vollständig verinnerlicht hat, gelingt es, dem vorgeschriebenen Ablauf keinen eigenen Willen mehr entgegenzusetzen. Wenn man dann ganz natürlich ausatmet, und die Luft wie von selbst wieder einströmt, kann man sich von allen unnötigen Gedanken trennen – und welche Gedanken wären das nicht? So selbstverständlich wie der Atem fließt, fließen auch die Bewegungen. An diesem Punkt gibt es keine Regeln mehr, die man einhalten muss; das gesamte Bewusstsein, unser Körper, unsere Bewegungen werden zu dem Ritual, das sich nun von selbst vollzieht, und wir fühlen einen Strom von Freiheit. Zu Recht hat Sen no Rikyû deshalb den Teeweg als Verwirklichung des ‚Reinen Landes’ des Buddha Amitâbha (jap.: Amida) angesehen, nicht an irgendeinem fernen Ort und zu anderer, erst zukünftiger Zeit, sondern gerade hier und jetzt.