Ueda Sôko Ryû

Die Ueda Sôko Ryû (上田宗箇流) ist eine der ältesten Teeschulen Japans mit Sitz in Hiroshima, die vor mehr als 400 Jahren von dem Samurai Ueda Sôko begründet worden ist und bis heute in ununterbrochener Folge durch die Familie Ueda fortgeführt wird.
Burg von Hiroshima
Burg von Hiroshima

1619, im 5. Jahr der Genna-Ära (元和) des Tokugawa-Shôgunats, wurde Asano Nagaakira (浅野長晟) zum Lehensfürsten (Daimyô) eines Gebietes ernannt, das in etwa die heutige Präfektur Hiroshima umfasst, mit Wohnsitz auf der Burg der heutigen Stadt Hiroshima. Dieses Gebiet brachte ihm einen jährlichen Ertrag von 426.500 Koku Reis, dem Zahlungsmittel der damaligen Zeit. Ueda Sôko (1563 – 1650), selbst ein Samurai, begleitete Asano Nagaakira bei seinem Einzug in Hiroshima im Rang eines Haushofmeisters und wurde überdies verantwortlich für den westlichen Teil des heutigen Stadtgebietes; seine Einkünfte betrugen dabei 17.500 Koku Reis. Sôko stellte sodann Nomura Kyûmu (野村休夢) und Nakamura Chigen (中村知元) als seine persönlichen Aufwärter mit einem jeweiligen Einkommen in Höhe von 100 Koku Reis ein. Den beiden Familien Nomura und Nakamura oblag in der Rolle der Chaji-Azukari („Teeweg-Bewahrer“, 茶事預り) die Verantwortung für die Weitergabe des Ueda Teeweges, und die jeweiligen Oberhäupter der beiden Familien richteten Teeveranstaltungen für die Asano-Familie und die Ueda-Familie aus.

 

Mitte der Edô-Zeit (1603 – 1868) nahm in Japan die Zahl derer, die ganz allgemein den Teeweg praktizierten, immer weiter zu. Es waren dann die Sen-Familien (Urasenke, Ômotesenke und Mushanokôjisenke), die als Erste das Iemoto-System einführten, bei dem das betreffende Familien- und Schul-Oberhaupt die Einzelheiten des jeweiligen Teeweges festlegt und zugleich über dessen Weitergabe wacht – ein System, das bis heute fortbesteht. Dabei haben die Sen-Familien während der Bunka- und Bunsei-Ära (1804 – 1829) die heute noch gültige Form der Sôden-Graduierung festgelegt. Auch der Teeweg der Ueda Sôko-Tradition breitete sich immer weiter aus, nicht nur unter den Samurai des Stadtgebietes von Hiroshima, sondern ebenso auch unter dessen bürgerlicher Bevölkerung, sowie in der gesamten Kansai-Region und auf der Insel Shikoku. Diese stetig zunehmende Verbreitung ließ den Wunsch wachwerden, gleichfalls ein dem spezifischen Stil des Ueda Sôko-Teeweges entsprechendes Sôden-System einzuführen.

Shin-Daisu
Shin-Daisu

Die Chaji-Azukari der Ueda-Familie Nomura Sokyû, Nomura Yokyû und Nakamura Taishin legten daraufhin im 10. Jahr der Tenpô-Ära (1839) ein passendes Sôden-System fest, das fortan die Weitergabe der Ueda Ryû-Überlieferung als Buke-Sadô („Teeweg der Krieger“) bestimmt hat (wobei aus heutiger Sicht anzumerken wäre, dass es seit 1615 bis zum Beginn der Meiji-Restauration in Japan keine Kriege mehr gegeben hat). Nach diesem Ueda-spezifischen Sôden-System wurden – und werden bis heute – die Shin-Daisu-Zeremonien (die Zeremonien, zu deren Durchführung ein Daisu, ein besonderes zweistöckiges Lackgestell erforderlich ist) nur innerhalb der Ueda-Familie weitergegeben, während die übrigen Diplome von den Chaji-Azukari auch an andere Personen, ob nun Samurai oder Bürgerliche, ausgegeben wurden. In den Aufzeichnungen über Ueda Sôko (Sôko-sama okikigaki, 宗箇様御聞書) gibt es eine Anmerkung, dass Sôko die wesentlichen Elemente seines Tee-Stils noch weit vor der Einführung des Sôden-Systems von seinem langjährigen Lehrer Furuta Oribe übernommen hat. So hat auch die heutige Ueda Sôko-Tradition, die seither ununterbrochen innerhalb der Ueda-Familie weitergegeben worden ist, ihren Ursprung in den Überlieferungen Oribes, einschließlich der Regularien für die Benutzung des Shin-Daisu.

Mit dem Beginn der Meiji-Restauration ab 1868 verschwand das feudale Herrschaftssystem, und die Teemeister, die bei den Daimyôs angestellt waren, verloren allesamt ihre Stellung. In der Übergangszeit vom Ende des Tokugawa-Regimes bis zum Beginn der Meiji-Periode war das Oberhaupt der Ueda-Familie in 12. Generation ein Mann namens Yasuatsu (安敦), der sich 1870 in die Abgeschiedenheit zurückzog und zu einem Mönch mit dem Namen Jôô (譲翁) wurde. Bis zu seinem Tod im 21. Jahr der Meiji-Zeit (1888) erfreute er sich am Teeweg und zeigte damit große Ähnlichkeit mit dem Leben seines Vorfahren Sôko. Yasuatsu ließ Nakamura Kaidô und Nomura Ensai weiterhin als Chaji-Azukari für sich tätig sein – eine Institution, die bis zum 30. Jahr der Shôwa-Ära (1955) weitergeführt wurde.

Garten der Ueda Ryû in Hiroshima mit Blick auf den Schrein des Schulgründers Ueda Sôko
Garten der Ueda Ryû in Hiroshima mit Blick auf den Schrein des Schulgründers Ueda Sôko

Die Ueda Sôko Ryû, entstanden in der Momoyama-Zeit (1568 – 1615) und bis heute ununterbrochen fortgeführt, repräsentiert mithin den Teeweg der Samurai (Buke-Sadô). Der gegenwärtige Iemoto legt auf die Feststellung wert, dass dieser Teeweg der Samurai zumindest während der Momoyama-Zeit, als die Mitglieder des Schwertadels täglich mit der Möglichkeit eines Todes auf dem Schlachtfeld konfrontiert waren, dem Bemühen entsprungen ist, inmitten der Unsicherheit des Daseins spirituelle Ruhe und Gelassenheit zu finden. Vom Lebensweg des Ueda Sôko her gesehen, ist der Teeweg der Samurai auch heute noch als ein spiritueller Weg zu verstehen, im Sinne des Zen „das eigene Herz zu erforschen“.

Quelle: Lehrbuch der Ueda Sôko Ryû, 2011, 上田宗箇流  茶の湯  入門編,  (S. 12 - 13)