Rezension

"ZEN - Der Duft Hunderter von Blumen"

Sie zählen zu den großartigen spirituellen Werken der Weltliteratur: das Xin-xin-ming /Shinjinmei (Meißelschrift vom Glauben an den Geist) und die Lehrreden des Hong-zhi Zhang-jue / Wanshi Shôgaku (Das Kultivieren des Leeren Feldes). Grundlagentexte der Zen-/Chan-Tradition, bis heute zitiert und kommentiert.
Dietrich Roloff hat beide Texte neu und mit besonderer sprachlicher Sorgfalt aus dem chinesischen Original übersetzt, analysiert und zu einem Bild des klassischen Zen zusammengefasst. Er nutzt die dafür notwendigen Erläuterungen nicht nur zum besseren Verständnis. Dem Leser wird klar, was Zen in der Zeit seiner Blüte einmal gewesen ist, warum es das heute nicht mehr sein kann und was Zen stattdessen in unserer Zeit sein sollte und auch zu leisten imstande ist.
Die Exegese der Texte mündet in den umfangreichen Nachweis der Unvereinbarkeit von Zen-Mythologie und moderner, von Wissenschaft geprägter Weltsicht. Also Zen einfach vergessen? Die Tradition des Zen selbst bietet den Ausweg, den Dietrich Roloff begeht: das revolutionäre KÔAN MU, das – fern aller metaphysischen Versprechungen wie dem einer ‚ewigen Buddha-Natur‘ – radikal die Sterblichkeit anerkennt und Zen zu einer Lebenskunst erhebt, die es so nur mit einer Kunst des Sterbens geben kann. Sich heimisch und aufgehoben fühlen können in einer sich ständig verändernden und vergänglichen Welt, dazu leistet dieses Buch einen Beitrag.

 

- Neruda -